„Moin“ – mehr gab es nicht, wenn man Bernd Hagenkord beim Lesen störte. Ähnlich knapp würde er wohl auf die vielen Nachrufe reagieren, die versuchen ihn zu beschreiben. Lieber weiter Jazz hören, ein (dickes) Buch lesen und die Tasse nicht aus der Hand stellen.
Ein Nachruf beschreibt den am 4. Oktober 1968 in Hamm/Westfalen Geborenen als „freundlich, zugewandt, intelligent, kritisch, liberal bis links, humorvoll, gebildet (klar – als Jesuit), tolerant – und zu allem Überfluss auch noch gutaussehend“. Das hätte ihm bestimmt ein Lächeln entlockt. Nur die Einordnung als „liberal bis links“ hätte er abgelehnt.
Bernd hatte es nicht so mit den gängigen Klischees. Sehr viel differenzierter analysierte er Hintergründe und Personen, um dann sehr unabhängig seine Meinung und Position zu vertreten. Da half ihm die Brille des Historikers. Studiert hat er Journalismus, Geschichte, Philosophie und Theologie in Gießen, Hamburg, München und London. Doch haben ihn andere Lernorte deutlich mehr geprägt: Die Jugendarbeit am Canisius-Kolleg in Berlin und an der Sankt-Ansgar-Schule in Hamburg (2002-2008) sowie die Erfahrungen auf einer Hochebene in den Anden während seines Tertiats (2009).
Jugendarbeit erdet
Jugendliche spüren sehr schnell, was Sache ist und wer da etwas von ihnen will. Bernd ging durch diese Schule und wurde von „seinen“ Jugendlichen geliebt. Da war einer, der ehrlich war, authentisch und nah. Bernd lernte hier über Glauben und Sinn zu sprechen, auf eine Weise, die diese kritischen jungen Leute erreichte. Während seiner letzten Ausbildungszeit im Orden, im Tertiat, wurde er in eine bitterarme Gegend geschickt. Freiwillig lebte Bernd in extremer Kälte, Hitze und Dreck und hungerte mit Menschen, die er lieben lernte und deren Leben er gerne teilte. Manche waren erschrocken, als sie ihn danach abgemagert und still sahen. Aber da leuchtete etwas in seinen Augen. Er fand eine Antwort auf seine Frage nach dem Auftrag, den Jesus für ihn hat – und daraus lebt doch ein Jesuit!
Der “Papsterklärer”
Diese Erfahrungen waren Vorzeichen für die Arbeiten, für die man Bernd kennt: Mitarbeiter der Zeitschrift „Jesuiten“ (2003-2012), Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan (2009-2019) und Chef vom Dienst im vatikanischen Kommunikationssekretariat. „Papsterklärer“ nannte er sich mit einem Lächeln im Gesicht. Er war mittendrin in der Zeit des Aufbruchs um Franziskus. Viele befreiende Entwicklungen waren ihm wertvoll. Und doch litt er auch an zähen Strukturen und handelnden Personen.
Wertschätzung fand er mehr außerhalb als innerhalb des Systems. Schwarz-Weiß waren seine Fotos aus Rom, die er in den sozialen Medien teilte. Am Ende hielt ihn nicht mehr viel in Rom. So mancher Einblick in die Realität von Kirche war ernüchternd. Bernd hoffte auf Reformen und betete, weil er wirklich an die Gegenwart Gottes in dieser Welt glaubte, an sein Wirken und unsere Mitarbeit an einer Schöpfung, die sich zum Besseren entwickeln kann. Diese Hoffnung behielt er und ließ sich in den Synodalen Weg einbinden als Teil eines Teams, das dafür sorgt, dass bei aller Planung das Gebet nicht zu kurz kommt.
Gute Kommunikation war ihm wichtig
Zurück in Deutschland wurde er 2019 Oberer einer großen Kommunität. Er hatte einen Anspruch und wollte zeigen, was es bedeutet, Leitung zu übernehmen. Gute Kommunikation war ihm wichtig, da zu sein und ansprechbar. Er bekam zu spüren, dass es mit Grenzen und Kompromissen zu leben gilt. Dann kam die Krankheit, die ihn mehr und mehr band und in eine Einsamkeit führte, bis er am 26. Juli 2021 starb. Nicht allein, sondern begleitet. Auch dafür ist der Orden gut.
Lieber Bernd, wir vermissen Dich und wissen Dich doch jetzt in der Gemeinschaft, die Du Dir ersehntest. Ruhe in Frieden!